Wie alles begann |
|
Ein besonderer Verlag verlangt nach
besonderen Methoden. Und mit einer solchen fing alles vor 15 Jahren an. Der Verleger Hans
Eckardt war damals der Leiter der Deutschen Blindenhörbücherei in Marburg und Reiner
Unglaub, Volltheologe, war zu dieser Zeit in der Blindenhörbücherei als Sprecherzieher
tätig. Herrn Unglaubs großer Traum war es, selbst einmal bei einer Hörbuchproduktion
als Sprecher tätig zu sein. Doch darauf wollte sich niemand einlassen, da Herr Unglaub
blind ist und es schien somit nahezu unmöglich, ihn als Sprecher für ein Hörbuch
einsetzen zu können, da er die Texte nur in Braille-Schrift lesen kann, was nicht ganz
geräuschfrei vonstatten geht. Denn die Finger ertasten hierbei die einzelnen Wörter und
das dadurch verursachte Rauschen war eines der Probleme, die man darin sah. |

Reiner Unglaub beim Lesen in einem Buch in
Braille-Schrift. |
Nicht so Herr Eckardt, der Reiner Unglaub spontan anbot,
als er seinen scheinbar unerfüllbaren Wunsch hörte, dass wenn keiner es machen wolle, er
es eben mit ihm realisiere, da er sowieso mit dem Gedanken spiele, als Verleger und
Produzent von Hörbüchern tätig zu werden. |
Die Dinge nehmen ihren Lauf So trafen sie sich abends nach der Arbeit in der Blindenhörbücherei bei
Heidemarie und Hans Eckardt in ihrem liebevoll zum Wohnhaus umgebauten Bauernhaus in
Beltershausen, einem kleinen, hessischen Dorf, und nahmen - meist nachts - die Lesung der
"Vier Evangelien" auf. Ort und Tageszeit wurden bewusst gewählt, um störende
Nebengeräusche von Außen (z. B. Vogelgezwitscher) während der Aufnahme möglichst zu
vermeiden. Denn ein entsprechend ausgestattetes Studio gab es damals noch nicht. |
Für das schwierigste Hindernis - das nicht ganz
geräuschlose Lesen der Braille-Schrift - fanden die Eckardts eine ebenso einfache wie
geniale Lösung: Ein altes, leeres Aquarium. Dies wurde umgestülpt, so dass die Öffnung
Reiner Unglaub zugewandt war. Es bot genügend Platz für die großen Bücher in
Braille-Schrift und dämpfte die durch das ertasten verursachten Geräusche perfekt ab, so
dass das empfindliche Mikrophon, das über dem Aquarium angebracht war, nichts mehr von
den störenden Geräuschen mitbekam. So
entstand 1987 die erste Hörbuchproduktion dieses Verlages. Vieles hat sich seither
verändert, doch eines ist noch genauso wie am ersten Tag - das Aquarium! |

Reiner Unglaub während der Produktion beim Lesen in
Braille-Schrift im umgestülpten Aquarium. |
Reiner Unglaub spricht auch heute nach 15 Jahren noch
Hörbücher beim Verlag und Studio für Hörbuchproduktionen und immer wenn er dies tut,
kommt dieses Aquarium zum Einsatz. |
Die ersten Jahre Einschneidend war dieses Erlebnis für Reiner Unglaub, an dem ohne Hans
Eckardt ein erstklassiger Hörbuchsprecher verloren gegangen wäre (siehe auch Interview mit Reiner Unglaub), als auch für
Heidemarie und Hans Eckardt, die mit dieser ersten Hörbuchproduktion an die Buchhandlung
Hugendubel in München herangetreten sind. Diese namhafte Buchhandlung zeigte Interesse am
Verkauf des Hörbuchs und somit gründeten Heidemarie und Hans Eckardt im Jahr 1987 den
Verlag und Studio für Hörbuchproduktionen. Seither produziert das Verleger-Ehepaar
ausgesuchte Hörbücher, denen man die Liebe fürs Produkt stets anmerkt. Zunächst wurden
die Cassetten in große Plastikhüllen eingefasst, die jedoch recht bald zu stark an
Video-Cassetten erinnerten, die zu der Zeit gerade den Markt eroberten. So wurde das
Design der Verpackung geändert und seither finden sich die Cassetten in einer kleinen,
stabilen Box, die an ein Buch erinnert und das Sammlerherz höher schlagen lässt. Später
kamen noch CDs hinzu, doch bis dahin gab es noch viel zu tun. |

So sehen die Cassetten heute aus. Gefasst in eine stabile
Box. |

Links befindet sich die zum Verlagshaus und Studio
umgebaute Scheune, rechts das Wohnhaus. |
In das Studio musste noch viel Arbeit investiert werden.
Die sich direkt neben dem zum Wohnhaus umgebauten Bauernhaus befindliche Scheune wurde von
den Eckardt ausgebaut. Somit boten die beiden Gebäude genug Platz, sowohl für die
heranwachsende Familie - Heidemarie und Hans Eckardt haben zwei Söhne, die Heidemarie
Eckardt neben der ganzen Arbeit großzog - als auch für den mehr und mehr ausufernden
Verlag und das Studio. Drei Büroräume sowie das Produktionsstudio, ebenfalls aus
mehreren Räumen bestehend, wurden gebaut. In einem dieser Räume sitzt während der
Aufnahme der Sprecher. Diesen Raum hat Hans Eckardt eigenhändig gebaut und mit
abwechselnd schallschluckenden und schallreflektierenden Platten verkleidet. |
Dieser Raum wiederum ist mit dem
Raum verbunden, in dem der Regisseur sitzt (meist Hans Eckardt, oder Heidemarie Eckardt,
wenn ihr Mann selbst als Sprecher fungiert) und die Aufnahme steuert. Der Sprecher und die
Regie verständigen sich über Kopfhörer miteinander, die Glasscheibe ermöglicht den
Blickkontakt. Eine beeindruckende Konstruktion in Eigenarbeit. Eigenarbeit wird in diesem Verlag sowieso sehr groß geschrieben. So werden
nicht nur die Titel mit Sorgfalt auf ihre Eignung zum Hörbuch ausgewählt, sondern auch
der Sprecher. |

Hans Eckardt liest gleichzeitig den Text mit und bedient
die Geräte, die zur Aufzeichnung eingesetzt werden. |

Im Aufnahmeraum Hans Eckardt. Gegenüber - durch eine
Glasscheibe getrennt - Reiner Unglaub beim Sprechen. |
Es geschieht nicht oft, dass ein Sprecher nach
Hause geschickt wird, weil er nicht die richtige Besetzung für das jeweilige Buch ist. Heidemarie und Hans Eckardt führen darüber oft hitzige Diskussionen, da
sie wissen, wie wichtig der richtige Sprecher für das jeweilige Buch ist. Die grafische
Gestaltung, die Rechte an Text und Bild, sowie Kontakte zu Buchhändlern, Presse, etc.
liegt in Heidemarie Eckardts Hand. |
Der Verlag heute Denkt man hier schon, dass zwei Menschen schier unmögliches aufgebaut
haben, so wird das Erstaunen noch größer, wenn man sich das in Marburg befindliche Lager
anschaut. Hierher kommen die fertig produzierten Vervielfältigungen, Verpackungen,
Hüllen, Cover, etc. und werden von Angestellten des Verlags verpackt. Von hier aus findet
auch der Versandt statt. Welche Dimensionen der Verlag in den 15 Jahren erreicht hat, wird
einem bei einem Gang durch das 1.000 qm große Lager erst deutlich bewusst. Regale über
Regale, verteilt auf verschiedenen Ebenen, mit tausenden und abertausenden von
Hörbüchern in bester Qualität. Denn hierauf legt der Verlag nach wie vor größten Wert
und man merkt es den Produkten und deren Präsentation an. So gestaltet Heidemarie Eckardt
auch die zum Lager zugehörigen Schaufenster selbst. Thematisch stattet sie die
Schaukästen geschmackvoll mit Hörbüchern und dazu passenden Utensilien aus und macht
den Betrachter neugierig.
Für die nahe Zukunft ist geplant, die Büroräume und das
Studio von Beltershausen hierher zu verlegen. |

Ein winziger Ausschnitt aus dem 1.000 qm großen Lager,
dessen Ausmaßen dieses Foto nicht gerecht werden kann. |

Schaufenster Klassik - mit Sofa und Vorhang ausgestattet,
passend zur klassischen Literatur |

Doppel-Schaufenster Theologie - mit einem
Passepartout in Form eines Kirchenfensters. Die Hörbücher der Kinderbibel, sowie einige
Teile der Bibel, mit der alles angefangen hat und die nun als vollständige Lesung
vorliegt. |

Schaufenster Krimi - mit Trenchcoat, Hut, Sonnenbrille
und den spannenden Hörbuch-Krimis. |
|