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ARD-Radionacht der Hörbücher auf der Leipziger Buchmesse 2003:

Die Kultur-Rundfunksender der ARD übertrugen am 21. März 2003 die vierstündige Abend-Sendung, die der MDR Kultur anlässlich der Leipziger Buchmesse veranstaltete. Das Programm war zwar gedrängt voll mit Hörbuchinformationen und hatte auch namhafte Sprecher als Gäste. Alles in allem wurde jedoch ein ernsthaft an Literatur interessierter Hörer enttäuscht. Was Ohrenschmaus hätte sein sollen, kam daher wie eine schwafelnde Talkshow. Damit wurde man weder dem Thema noch den hochkarätigen Vorlesern gerecht. 

Was mir gefiel:

  • Die Hommage an Gert Westphal, der am 10. November 2002 verstarb. Vielen ist seine charakteristische Stimme noch im Ohr, wie er Thomas Mann und Theodor Fontane interpretiert.

  • Hannelore Hoger. Sie las Johann Peter Hebels "Unglück der Stadt Leiden". Angesichts der Bombardierung irakischer Städte sicher ein gekonnt vorgetragener Text, der einem schon einen Schauder über den Rücken laufen lässt.

  • Hans Korte. Er las aus Skarmetas "Brennende Ungeduld". Ein Sprecher und ein Text, wo der Hörer regelrecht mitgerissen wird. Hans Korte ist bekannt und beliebt als Bühnendarsteller, Hörspielstimme und Vorleser zahlreicher Hörbücher. Bei Skarmetas Text greift er wieder tief in die stimmliche Trickkiste, dem Hörer ein hautnahes bis unter die Haut gehendes Erlebnis zu vermitteln. Dieses Buch steht schon auf meiner Wunschliste. 

  • Harry Rowohlt. Er krönte den Abend mit heftigen Attacken auf das Zwerchfell. Locker holt er im Dahinstreifen durch den literarischen Alltag die Stimmen bekannter Autoren und Kritiker aus sich heraus und erntet eine Lachsalve nach der anderen. Das war wahrlich ein rechtes Betthupferl für den Schluss der Sendung gegen Mitternacht. Natürlich wären da noch Ecos "Baudolino" und Melvilles "Moby Dick", beide Werke als vorzügliche Hörspiel-Mehrteiler vorliegend, zu erwähnen. Aber die werden bereits von Rundfunkanstalt zu Rundfunkanstalt gereicht und ausgestrahlt. Sind sehr zu empfehlen als Beweis, dass auch eine komprimierte Hörspieladaption dem Werk keinen Abbruch tun muss. 

Harry Rowohlt
Harry Rowohlt

Was mir missfiel:

  • Die Art, wie der Abend aufgezogen wurde. Ich bin weiß Gott kein Verfechter steifer Stehkragensendungen, wenn es um Literatur geht. Aber man sollte sich davor hüten, einen derartigen Klamauk zu veranstalten, wie das diesmal der Fall war.

  • HörKules. Nichts gegen Saint-Exupéry und "Der kleine Prinz", von Ulrich Mühe auch lebendig vorgetragen. Aber - mal im Ernst - gäbe es nicht aktuellere Werke? Wäre zum Beispiel Walter Moers "Die dreizehneinhalb Leben des Käpt'n Blaubär", von einem kongenialen Leser wie Dirk Bach dargeboten, nicht passender für den HörKules gewesen?

  • Bibel. Die Übertragung der Bücher der Thora mit Texten aus der Luther-Bibel zu vergleichen war meiner Meinung nach ein Fehlgriff. Martin Buber und Franz Rosenzweig hatten einen ganz anderen Ansatz, als sie die Bücher aus dem Hebräischen ins Deutsche übertrugen. Ihnen war darum zu tun, etwas vom Ursprung des Originals spüren zu lassen. Das kommt natürlich nicht so geschliffen und poetisch daher wie bei Martin Luther. Somit absolut nicht vergleichbar. Ich schätze die Stimmen von Rolf Boysen und Thomas Holtzmann, die mir den Buber/Rosenzweig-Text in seiner Kantigkeit und schwerblütigen Weise darbieten, sehr!

  • Rätsel. Was haben sich die Veranstalter denn dabei gedacht, in einer Hörbuchsendung als Preisrätsel nach Politikern und Fußball-Ereignissen zu fragen? Traut man den Hörern draußen am Rundfunk und den Teilnehmern im Sendesaal keine literarische Sachkenntnis mehr zu? Ich fand das äußerst merkwürdig und abgeschmackt!

  • Musik. Die 17 Hippies als musikalische Einlage haben mich auch nicht gerade vom Stuhl gerissen. Das waren die Pausen, um mal Getränkenachschub zu holen oder die Blase zu erleichtern.

Es gäbe sicher noch das eine oder andere zu motzen. Will es aber dabei belassen und hoffen, dass für das Frühjahr 2004 die Veranstalter der ARD-Radionacht mit einem besseren Konzept auf Sender gehen. (Verfasser: Johannes Weidner, Bonn, 22. März 2003 / Foto: Petra Ludwig)

 

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© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt am 22.03.2003, letzte Änderung am 16.04.2004, Layout by abrakanfill.gif (807 Byte)