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Rezension

Cover Sturmhöhe
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Laufzeit:
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ISBN:
Bewertung:
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:  

Wir schreiben das Jahr 1801,

Mr. Lockwood ist noch sehr beeindruckt, als er vom Besuch bei seinem Pachtherrn, Mr. Heathcliff, zurückkehrt. Die graue, trübe Gegend und die mürrischen, merkwürdigen Menschen auf Wuthering Heights, haben ihn so sehr fasziniert, dass er ihnen unbedingt nochmals einen Besuch abstatten muss.  

Diesmal ist er gezwungen auch dort zu übernachten, denn ein plötzlicher Schneesturm behindert seinen Rückweg. Beängstigende Erfahrungen in der Nacht lassen ihn am nächsten Morgen trotz des Wetters überstürzt die Rückkehr antreten. Eine schwere Krankheit wirft ihn danieder, und am Krankenbett erzählt ihm Nelly, seine Haushälterin, die Geschichte der Bewohner von Wuthering Heights und der Thrushcross-Grange:  

Mr. Heathcliff gelangte ursprünglich als Findelkind nach Wuthering Heights. Mit seiner Ziehschwester Catherine verband ihn eine Seelenverwandtschaft, jedoch heiratete diese den begüterten Sohn der Nachbarn, Edgar Linton. Danach verschwand Heathcliff für ein paar Jahre, um begütert, aber voller Hass, wieder zurückzukehren. Sein Hass richtet sich vor allem gegen Edgar und Catherines Bruder Hindley. Die Familien, die ihn so sehr misshandelten und gering schätzten, müssen doch zu strafen sein. Die eigene und die folgende Generation zu vernichten, ist Heathcliffs Ziel.

Meine Meinung:

Emily Brontë schrieb ihren einzigen Roman 1847, ein Jahr bevor sie 30-jährig gestorben ist. Trotzdem wird dieses Werk immer wieder als besondere Erscheinung der literarischen Welt gewürdigt.  

Brontё, egal ob Emily, Charlotte oder Anne – dieser Name war in meinem Kopf mit nichtssagenden Klassikern besetzt. Nach der Offenbarung, die sich bei mir nach dem Genuss von Jane Austens "Stolz und Vorurteil" auftat, wollte ich auch den Brontё-Schwestern eine Chance einräumen.

Was lag da näher, als ein Hörbuch? Das Medium, das mir schon oftmals einen Zugang zu Klassikern ermöglicht hatte? "Sturmhöhe", gekürzt, mit seinen 4 CDs und ca. 255 Minuten gerade frisch erschienen, landete so im CD-Player. Schon die Papp-Hülle machte Appetit. Das farbenprächtige aber düstere Bild eines Cottages, Infos zum Inhalt des Buches, der Autorin, den Sprechern, gut entnehmbare CDs.  

Nach der Enttäuschung über die unsäglich schlechte Vertonung von Jane Austens Klassiker "Sinn und Sinnlichkeit", waren die Befürchtungen trotzdem nicht gering. Ein Blick auf die Sprecherwahl beruhigte. Eva Mattes (Katzenzungen, Die Totenwäscherin, Poenichen Trilogie und Tausendundeine Nacht) ist kein unbeschriebenes Blatt in der Hörbuchwelt. Als Synchronsprecherin ist sie noch bekannter, denn sie sprach schon früh, z.B. "Pippi Langstrumpf" und "Tommy".  

Nach der ersten CD konnte ich mich zuversichtlich zurücklehnen. Wolfram Koch, als Ich-Erzähler Mr. Lockwood, scheint warmherzig, die Wortwahl leicht ironisch, der Stil von Emily Brontë könnte mir, trotz Düsternis, gefallen. Ich war gleich ähnlich gefangen, wie beim Lesen von Jane Austen. Der Sprecher versteht es zu akzentuieren, und auch wenn die Kürzungen unzweifelhaft vorhanden sind, die Stimmung, die ich mir aufgrund von Arno Schmidts Essay über die Geschwister Brontë "Die taubengrauen Schwestern" ausgemalt hatte, stellte sich sofort ein; die kurzen Musikeinstimmungen als Verstärkung sind dafür auch glänzend gewählt.  

Als Nelly Dean, die zweite Haupt-Ich-Erzählerin, aus der Vergangenheit erzählt, ist Eva Mattes gefordert. Wie gewohnt ausdrucksstark aber unaufdringlich gelangt sie ans Ohr. Sie stellt Nelly aus verschiedenen Perspektiven dar. So erlebt der Hörer die verständnisvolle, die hinterlistige, die toughe Nelly - eine tolle Leistung, wie sie diese Blickwinkel beleuchtet und verstärkt.  

Die Charaktere des Buchs und deren Beziehungen zueinander sind heftig, aufregend, brutal, gemein, aalglatt, abstrus, und doch - aufgrund der latent vorhandenen Ironie von Nelly, formt sich ein Bild, dem ich gerne lauschte. Die Konflikte der Beziehungen, der greifbare Hass, hier spürte ich Kraft und lauschte gern, was bemerkenswert ist, denn ich habe einen ausgeprägten Hang zu positiven Geschichten.

Das zugrundeliegende Buch ist erheblich gekürzt. Die Cover-Aussage dazu lautet: ‚eingerichtete Hörbuchfassung’. Ca. 450 Seiten eines deutschen Taschenbuchs hätten ungekürzt einen Umfang von ungefähr 12 CDs. Als Einstieg in die Welt von Emily Brontë, habe ich es in dieser Kürze genossen. Gute Sprecher, eine treffende Inszenierung, die den Hörer gefangen nimmt, was will ein geneigter Hörer mehr?  Dieser bemerkenswerten Umsetzung verzeihe ich dann auch den Preis von 24,95 Euro für 4 CDs. Besser Qualität gut bezahlen und genießen, als billige Inszenierungen erleiden. (Binchen, Juni 2005)

Meine Meinung:

Wer das Buch gelesen hat, wird ahnen, dass es sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich ist, diese Vorlage perfekt in ein Stimmkleid zu bringen. Man kann nur versuchen sich hineinzufühlen in diese Talfahrt der Gefühle, die vor allem die Tiefen der Leidenschaft bis ins letzte auslotet und ausreizt. Wer vermag es, sich in diese Gefühlsausbrüche vollends umzusetzen, die sich streckenweise innerhalb von Sekunden zwischen unsterblicher Liebe und verzweifelt gequälter Leidenschaft und gar Hass bewegen? Manchmal hält sogar ein einzelner Satz dieses komplette Gefühlsspektrum bereit. Der Leser versteht es - doch kann man diese Sätze ebenso intensiv herüberbringen und das ganze Emotions-Repertoire stimmlich transportieren? Ich fürchte nicht - und das solange, bis mir ein Sprecher das Gegenteil beweist.

Jedoch bin ich froh, dass es zwei Produktionen gibt, die sich dennoch an diesen Stoff gewagt haben, denn Emily Brontës "Sturmhöhe" ist einfach zu schaurig-schön - man kann und möchte diese Geschichte wieder und wieder erleben. Die eine Produktion, die ich hervorheben möchte, ist die ungekürzte Lesung von Gert Westphal - der Meister der Sprecher, dem es fast perfekt gelingt - fast. Die andere ist die dieser Rezension zugrunde liegende gekürzte, bearbeitete Version des Patmos Verlags, die ihre ganz eigenen Reize hat.

Die Geschichte ließ Emily
Brontë von zwei Randfiguren erzählen, Mr. Lockwood, dem neuen Pächter von Trushcross Grange und Nelly Dean, der Haushälterin, die schon ewig im Dienste der Herrschaften ist, von denen hier berichtet wird. Dem wird in dieser Produktion Rechnung getragen, indem die Geschichte mit verteilten Rollen erzählt wird. Wie ich finde, ein sehr guter Einfall und von Wolfram Koch als Mr. Lockwood gut umgesetzt. Eva Mattes hat es schwieriger getroffen. Denn ihr kommen die komplexen Passagen zu, in denen Heathcliff wütet und in Höllenqualen zergeht und seine angebetete Catherine ihren Launen und Stimmungen ausgeliefert ist wie ein zartes Boot auf stürmischer See. Scheitert Eva Mattes mit ihrer eher zarten Art daran? Nein - sie wartet mit unerwarteten stimmlichen Facetten auf und kriegt so manche Schwankung wunderbar hin. Aber nicht alle. Das wäre jedoch auch zu viel verlangt - wie gesagt, ich halte diesen Stoff für mich perfekt umsetzbar und selbst der grandiose Gert Westphal bekommt mindestens eine Szene nicht so intensiv hin wie sie im Buche steht, obwohl er nahe dran ist und dem Zuhörer größtes Vergnügen bereitet!

Dem Hörgenuss ist dies jedoch nicht abträglich. Denn Eva Mattes - für mich sowieso eine ganz hervorragende Sprecherin - macht es schon wirklich richtig gut und wird stellenweise ungeahnt zornig und leidenschaftlich für dieses einzigartige Werk, obwohl sie sonst eher für ihre leisen Töne bekannt ist. Das Hörbuch hat mir größtes Vergnügen bereitet. Die Geschichte noch einmal in einer gekürzten Version erleben zu dürfen ist ein purer Genuss-Gewinn, den ich nicht missen möchte und mir sicher noch oft gönnen werde.

Die Kürzungen sind erstaunlich gut gesetzt. Die Geschichte wirkt nicht zerstückelt. Das einzige, was natürlich nicht ausbleibt, wenn man rd. 450 Seiten in rd. 250 Minuten unterbringt, ist, dass viele Einzelheiten fehlen. Nichts wichtiges an sich, jedoch zahlreiche Details, die dazu beitragen, den Hass und die Leidenschaft der Figuren näher zu erklären. Denn selbst im Buch bewegen sich die Figuren immer an einer Grenze des nicht mehr nachvollziehbaren. Der Leser ist hin- und hergerissen zwischen Unverständnis für derart heftige Gefühlsausbrüche sowie (selbst)zerstörerische Lebensläufe und Mitgefühl und somit auch Einverständnis. Fehlen Details, wird es noch weniger nachvollziehbar, denke ich. Somit weiß ich nicht, wie nachvollziehbar die Geschichte in gekürzter Form auf den Hörer wirkt. In Kenntnis des Buches erschloss sich mir die Logik der Handlungen jedoch wie von selbst.

Ein großes Lob noch zu den Äußerlichkeiten: Das Covermotiv entspricht der Stimmung dieses düsteren Werks und ist sehr stimmungsvoll. So etwas hat man gern in seinem Hör-Regal stehen. Auch wie die CDs verpackt sind erfreut das Auge. Die kartonierte Hülle lässt sich komplett der Länge nach aufklappen, enthält Hintergrundinfos zu Emily
Brontë. Die CDs werden durch kleine runde Einschnitte in der Kartonage festgehalten. Ein Augen- und natürlich Ohrenschmaus! (Petra) 

hier geht es zur Rezension der ungekürzten Lesung von "Sturmhöhe" von Litraton im Hoerbuecher4um.
hier geht es zur Rezension des Buchs "Sturmhöhe" im Buecher4um.
hier geht es zur Leserunde von Arno Schmidts Radioessay "Die taubengrauen Schwestern".
hier geht es zu dem englischen Text von "Sturmhöhe".

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© 2002 Hoerbuecher4um, erstellt am 22.06.2005, letzte Änderung am 05.03.2006, Layout by abrakan