Rezension

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	Bewertung:	(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:

Linnea Ravaska lebt in einem winzigen Häuschen auf dem Land. Früher hat die clevere Witwe eines Obersts einmal bessere Tage gesehen, aber der Neffe ihres Mannes, ihr Ziehsohn, hat es geschafft, sie um den Hauptteil ihres Geldes zu bringen. All monatlich fällt der junge Mann mit Freunden ein um der alten Dame die Rente abzuknöpfen und sich auf dem Grundstück wie toll zu gebärden.

Als das Treiben jedoch selbst für sie nicht mehr zu ertragen ist, flieht Linnea zu einem alten Freund in die Stadt. Dort kommt sie zur Ruhe und zu einer Überlegung: Diese Drangsalierungen müssen ein Ende haben. Noch einmal wird sie diese nicht ertragen. Eine Giftmischung, die sie in der Not benutzen kann, um sich selbst zu töten, könnte ihr dabei helfen.  

So geschieht es auch, nur fällt die Lösung Ihres Problems etwas anders aus, als Linnea es sich ursprünglich gedacht hat.

Meine Meinung:

Dieses Hörbuch wird gesprochen von Gisela Fritsch, der Stimme von Judy Dench, die z. B. die M in den James Bond-Filmen verkörpert. 

Eine geniale Wahl. Sie schafft es die gebrechliche alte Dame zu sprechen, deren Empfindungen und Sensibilität zu verkörpern. Genauso gelingt es ihr jedoch auch kraftvoll die bösen Buben glaubhaft werden zu lassen. Vor allem aber die Süffisanz, der Zynismus und die morbiden Teile des Textes werden durch ihre Art der Interpretation glasklar. 

Ihr Timbre ist unvergleichlich. Die Wahl der Sprecherin für dieses Hörbuch ist exzellent ausgefallen. 

Die Technik der Vertonung ist in 1A Lübbe-Qualität - kurze Tracks für einen angenehmen Wiedereinstieg. Und auch die Covergestaltung lässt Finnland lebendig werden. Die kraftvollen Farben wecken Urlaubslust.  

Das Buch selbst ist skurril, morbid, zynisch, gesellschaftskritisch. Die Darstellung der jungen Menschen mit deren Arroganz, Selbsteinschätzung, Brutalität- und letztlich auch Naivität ist glänzend gelungen. Das Hörbuch lässt jedoch den Zynismus und die Ironie viel deutlicher werden, die Wut, die ich beim Lesen empfunden habe blieb beim Hören aus.  

Es ist schon beängstigend, wie die jungen Leute mit einer Gefühlskälte vorgehen um Linnea und auch das Dorf zu drangsalieren. Dass ihnen ihr Unrecht gar nicht aufgeht. Auch die Grausamkeit, die sie an den Tag legen ist atemberaubend. Ob es eine überzeichnet bissige finnische Wirklichkeit ist? Oder findet man die Einstellungen unter Jugendlichen ohne Perspektive überall? -  

Wie sich die alte Dame zur Wehr setzt, das hat Pfiff. Die Darstellung und Wiedergabe ihrer Gedanken dabei, entlockte mir das eine oder andere süffisante Grinsen. Sie geht an die Sache mit der gleichen Naivität heran, wie die jungen Leute ihre Drangsalierung betrieben haben. Die Lockerheit, die das Hörbuch gegenüber dem Buch dazu vermittelt, bringt das gewisse Etwas der Geschichte wesentlich besser zur Geltung.

Fazit: ein Buch, das durch die Vertonung zu einem besonderen Genuss wird. (Binchen im Mai 2003)